Bundesrat-Initiative: Freifunk-Initiativen als gemeinnützig anerkennen
Dem zweifelsfreien Nutzens von Freifunk-Netze für die Allgemeinheit besteht eine unklare Rechtslage zur Einstufung der Gemeinnützigkeit von Freifunk-Vereinen. Die regional sehr unterschiedlichen Handhabungen erschweren die Zusammenarbeit der Vereine untereinander.
[Anmerkung: Chaos Siegen ist ein Chaostreff und damit Teil der Chaos-Familie. Die Beiträge der Pressesprecher des CCC e. V. sprechen auch für uns und sind uns wichtig.]
In der Anhörung im schleswig-holsteinischen Landtag wird ein Gesetzesvorhaben zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk-Initiativen [1] beraten. Anlass sind zwei Anträge der Jamaika-Koalition [2] und der SPD [3] mit dem Ziel, einen entsprechenden Gesetzesantrag in den Bundesrat einzubringen. Der Förderverein Freie Netze e. V. und der Chaos Computer Club (CCC) [5], aber auch sämtliche anderen vom Landtag Angehörten äußerten sich positiv zum geplanten Gesetzesvorhaben zur der Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk-Initiativen.
Was ist Freifunk?
Freifunk ist ein Projekt, über das Menschen aus der Zivilbevölkerung ein
stadtweites drahtloses Datennetz mittels WLAN aufbauen, welches von allen kostenfrei und unlimitiert genutzt werden kann. Das Netz soll die freie Kommunikation innerhalb der ganzen Stadt und durch Richtfunk-Verbindungen zu anderen Städten auch überregional ermöglichen. Freifunk-Vereine verfolgen dabei kein kommerzielles Interesse. Sie engagieren sich ehrenamtlich mit dem Ziel der Demokratisierung der Kommunikationsmedien und der Förderung lokaler Sozialstrukturen.
Auch Erfahrungsaustauschkreise und Chaostreffs des CCC beteiligen sich an diesen Initiativen durch Vermittlung von Wissen über freie WLAN-Netze und den Aufbau freier Kommunikationsnetze. Interessierten bietet sich so die Möglichkeit, sich auszuprobieren oder mehr über die Funktionsweise von Kommunikationsnetzen zu erfahren.
Historie
Die angestrebte Bundesratsinitiative des schleswig-holsteinischen
Landtags ist nicht der erste Versuch, die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk zu ermöglichen. Im vergangenen Jahr gab es bereits eine erfolgreiche Bundesratsinitiative aus Nordrhein-Westfalen. Nach der Übersendung des Gesetzentwurfs an den Bundestag fiel dieser jedoch leider aufgrund der kurzen Zeitspanne bis zur Neuwahl des Bundestags dem Diskontinuitätsprinzip zum Opfer und wurde daher nicht weiter behandelt. In den nachfolgenden Koalitionsverhandlungen war Freifunk Thema – die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk findet sich auch im Koalitionsvertrag wieder.
In Hessen und in Bayern haben sich im Digital-O-Mat zu den Landtagswahlen im Oktober alle Parteien mit Ausnahme der CSU, die sich neutral positioniert hat, und der AfD, die sich negativ positioniert hat, für eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk ausgesprochen. Zudem fasste auch der Ministerrat des Landes Rheinland-Pfalz in der vergangenen Woche, am Dienstag, den 6 November, einen entsprechenden Beschluss, nachdem auch das Land Rheinland-Pfalz gemeinsam mit anderen Ländern einen Gesetzesantrag in den Bundesrat einbringen wird. [6]
Warum die Gemeinnützigkeit von Freifunk wichtig ist
Freifunk-Initiativen wirken der digitalen Spaltung entgegen und ermöglichen sozial gerechten Zugang zu Informationen im Netz. Auch in unzähligen Unterkünften für Geflüchtete haben Freifunkerinnen und Freifunker WLAN-Netze aufgebaut und so durch ihr ehrenamtliches Engagement zur Integration beigetragen. Zudem steigern viele Projekte die Attraktivität von Innenstädten durch kostenlosen WLAN-Zugang, oft in direkter Zusammenarbeit mit Kommunen. Durch die Weiterbildung von Interessierten und die Vermittlung von praktischem Wissen über Sicherheit, Aufbau und Funktionsweise von Funknetzwerken wird der Erwerb von Medien- und Technikkompetenz gefördert und der selbstbestimmte Umgang mit Technik ermöglicht. Auch der Chaos Computer Club stützt sich im Rahmen des Projektes „Chaos macht Schule“ auf die Arbeit der Freifunkerinnen und Freifunker.
Chaos macht Schule ist eine seit etwa 2007 bestehende Initiative mehrerer Erfa-Kreise des CCC, die mit verschiedenen Bildungsinstitutionen zusammenarbeiten. Ziel des Projekts ist es, Schüler, Eltern und Lehrer in den Bereichen Medienkompetenz und Technikverständnis zu stärken. Die Funktionsweise von freien Datennetzwerken wird hier mit Hilfe der frei zugänglichen Infrastruktur der Freifunk-Initiativen im Rahmen von Workshops an Schulen vermittelt.
„Digitale Mündigkeit der Bevölkerung kann nur durch praktische
Erfahrungen im Umgang mit unserer allgegenwärtig genutzten Kommunikationstechnik vollständig erreicht werden. Da Freifunk-Netze in vielen Punkten sehr ähnlich aufgebaut sind wie das Internet und die gleichen Technologien nutzen, stellen sie ein ideales Experimentierfeld für Interessierte zum Erlernen dieser Technik dar“, erklärt Marco Holz vom CCC Darmstadt.
Trotz des zweifelsfreien Nutzens für die Allgemeinheit – Freifunk-Netze
stehen immer der Allgemeinheit zur Verfügung und können ohne Kosten, Registrierung oder Limitierung genutzt werden – besteht aktuell eine unklare Rechtslage zur Einstufung der Gemeinnützigkeit von Freifunk-Vereinen. Die regional sehr unterschiedlichen Handhabungen erschweren die Zusammenarbeit der Vereine untereinander.
„Freifunk-Vereine in ganz Deutschland fordern die Gleichstellung ihres
Engagements mit dem klassischen Ehrenamt. Aus unserer Sicht unterscheidet sich das digitale Ehrenamt nur dadurch, dass es eben Strom benötigt. Freifunkas setzen sich aktiv für Gemeinwohl und Teilhabe ein“, so Monic Meisel, Mitbegründerin der Freifunk-Initiative und Vorstand im Förderverein Freie Netzwerke e. V.
Links
- [1] Einladung zur 21. Sitzung des Wirtschaftsausschusses am
Mittwoch, 14. November 2018, 10:00 Uhr, im Sitzungszimmer 142 des LandtagsSchleswig-Holstein - [2] Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis90/Die Grünen und FDP:
„Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk-Initiativen“
- [3] Alternativantrag der Fraktion der SPD zu „Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk-Initiativen“ (Drs. 19/757): „Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk-Initiativen weiter voran bringen“
- [5] Stellungnahme des Chaos Computer Clubs im Wirtschaftsausschuss des Landtags Schleswig-Holstein
- [6] Rheinland-Pfalz unterstützt Freifunk-Initiativen, Ministerium
der Finanzen Rheinland Pfalz