Geheimdienstliche Massenüberwachung wieder vorm Menschenrechtsgerichtshof
Das seit den Enthüllungen von Edward Snowden öffentlich bekannte geheimdienstliche System der Massenüberwachung der Kommunikation wird erneut beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) thematisiert. Heute finden zwei mündliche Anhörungen statt: Betroffen sind die Massenüberwachungsprogramme in Großbritannien und in Schweden. [0]
Die Menschenrechte in Europa verpflichten die Regierungen, staatliche Überwachung nicht nur gesetzlich zu regeln, sondern in diesen Gesetzen auch festzuschreiben, dass solche Maßnahmen verhältnismäßig und zielgerichtet sind. Bereits ein erstes Urteil des EGMR vom 13. September 2018 stellte fest, dass die massenhafte Überwachung des britischen GCHQ das Menschenrecht auf Privatsphäre verletzt, welches in der Europäischen Menschenrechtskonvention in Artikel 8 festgeschrieben ist.
Das wegweisende Urteil war nach fast fünfjährigem Kampf [1] von vierzehn britischen NGOs und zwei Einzelpersonen erstritten worden, darunter Privacy International, Big Brother Watch, Open Rights Group, Amnesty International, Liberty, die Schriftstellervereinigung PEN und die Sprecherin des CCC, Constanze Kurz. Der EGMR befand in seinem Urteil die Massenüberwachung der britischen Geheimdienste als teilweise rechtswidrig. Im Fokus standen insbesondere drei Überwachungsprogramme des GCHQ, die den Artikel 8 der Menschenrechtskonvention (Privatsphäre) betreffen: Prism, Upstream und Tempora.
Das Urteil beendete die anlasslose und zudem zu wenig kontrollierte Überwachung der Kommunikation jedoch nicht. Daher riefen die Beschwerdeführer die Große Kammer des Gerichts an. Mit Erfolg: Die Richter fühlen heute nochmals der britischen und nun auch der schwedischen Regierung in zwei Anhörungen auf den Zahn.
Ein neues Urteil könnte die Praktiken der Geheimdienste endlich einhegen und die Massenüberwachung der Kommunikation dahin befördern, wo sie hingehört: in die Geschichtsbücher, Kapitel: Korrigierte Fehlentwicklungen.